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14.06.2010

Raid des Hautes Fagnes 2010

Wiedermal hab ich mir diesen Sonntag den Wecker etwas früher gestellt. Es stand mal wieder ein Marathon an. Raid des Hautes Fagnes, so klangvoll hieß das Teil und startete in Malmedy. Bikekumpane Andrè hatte im Jahr zuvor dort teilgenommen und ihn in den höchsten Tönen gelobt. Grund genug für mich mal nach Belgien zu reisen und mir das mal selber anzuschauen. Also das Müsli reingequetscht, die Rennpelle über meine Wohlstandsplautze gezogen und ab nach Bämmesenland.



Dort angekommen holte ich mir die Startunterlagen ab, das ging recht zügig, hatte ich mich doch schon im Internet vorangemeldet. Rad Rebell Mario war auch schon vor Ort, er wollte sich diese Selbstgeißelung trotz eindringlicher Warnversuche auch reinziehen. Also schauten wir uns noch den Start der 115km Distanz an und dämmelten ein wenig umher um die Zeit bis zum Start zu überbrücken. Um kurz nach Zehn stellten wir uns dann in den Block. Mario durfte einen früher starten wie ich, er hatte sich schon lange vor mir angemeldet. Egal ich checkte erstmal die Lage in meinem Block. Wohin ich auch schaute über all nur Kohlefaser Rahmen und Rocket Rons. "Hm, die kleckern ja auch nich gerade die Belgier !" dacht ich bei mir. Neben mir dann doch nochn Typ hoch wie ne Tanne und nen Ziegenbart bis zum Bauchnabel. Ich wollte ihn gerade ansprechen wo er denn seinen Umwerfer gelassen hatte, da sah ich am Hinterrad auch nur ein Ritzel ! "Aaaah, Singlespeeder der Herr. Krasse Sau !".


PÄNG ! Der Startschuss war gefallen, die Meute hetzte los. Ich gings erstmal gaaanz gemütlich an. Es standen für die Kurzstrecke 65km und 1700hm an. Das sollte sich nachher aber nur als grobe Schätzung herausstellen.Die ersten drei Kilometer gings gleich mal bergauf über Kopfsteinpflaster und nen Schotterweg. Das Feld reihte sich ein, irgendwo vorne dämmelte die Giraffe mit dem Singlespeeder im Wiegetritt den Berg rauf. Die erste Abfahrt folgte dann über schmälere und breitere Pfade alles noch sehr verhalten. Dann unter der Autobahn durch und der nächste Hubbel. Kurz runter und wieder auf. Hier und da wurds schon recht bockig und wurzelig. Dann ein kurzes Stück zur Entspannung. Ne breite Asphaltpiste führte Schnurstracks in Richtung Rennstrecke Spa. Und wieder ne Rampe. So langsam wurds ein wenig steiler und deftiger. Nach ca. 15km dann ein erstes Hämmerchen. Wurde angekündigt mit 15 % Steigung über 1200m. Die Steigungsangabe war der Schnitt ! Das Ding fing lächerlich an, nach 50m lachte keiner mehr, bei 30% hatten alle incl. mir auf Fussbetrieb umgeschaltet. Ein paar unverbesserliche versuchtens dennoch, kamen aber max. 1m weiter. Mörderteil ! Auf der andern Seite gings dann genauso steil wieder runter. Unten hatt ich dann schon vom Bremsen leicht verkrampfte Finger, kam mir vor als ob die gar nicht mehr gerade gingen ! Kurz danach hatte ich dann Mario bei, er hatte sich bei der steilen Abfahrt zuvor wegen nem defekt auf die Nuss gelegt. Er wusste nicht ob er noch weiterfahren sollte. Da der Verpflegungsstand nicht mehr so weit war fuhr er dann doch noch bis dorthin mit. Der Stand war dann mal Top-Deluxe ! Getränke und Essbares in Massen. Obst, Energieriegel, Waffel, Kuchen. Voll Schlaraffenland. Nächstes Jahr eld ich mich nur an um hier alles wegzufressen ! Mario erreichte dann auch den Stand und nutze den technischen Service der vor Ort war. Die bescheinigten ihm dann nen defekt an der Hinterradachse was dann auch das ausscheiden zur folge hatte. Schade ! Aber der nächste Marathon kommt bestimmt Mario !



Für mich gings dann weiter im munteren auf und ab des Hautes Fagnes. Nach ca. 30km flitschte ich dann mal das Messinstrument durch. "Hm, 30km und schon 1000hm geschafft. Da kann ja nicht mehr sooo viel kommen !" dacht ich. Erstens kommts anders und zweitens als man denkt. Es ging in irgendein Flusstal. Verblockte Trails und zwischendrin sogar mal ein Stück Klettersteig. Bike schultern und nicht abrutschen, links gehts 3-4m senkrecht runter in den Bach.



Dann nochmal ein kurzes Stück Straße, puh durchschnaufen. Und weiter ging der Höllenritt. Ein Trail reihte sich an den andern. Wahnsinn was die Belgier hier zusammen gezimmert haben. Dann gings über die Staumauer des Lac'de Robertville. Übel hoch das Teil. Im Bayehon Tal gabs dann zwei brutale Abfahrten. Mörder steil und wurzelig wie Sau, aber fahrbar. Unten gings dann durch eine der vielen Bachquerungen. "Nicht gut !" Dacht ich mir, musste aber da durch. Die Bremsscheibe quittierte das mit Schleifgeräuschen. Eigentlich vorprogrammiert wenn man mit ner heißgebremsten Scheibe durch nen Bach fährt. Die Rampe hoch zum Cht. Reinhardstein musst ich dann auch schieben. Kein Dampf mehr in den Stengeln. Voller freude schon die 50km Marke geknackt zu haben erspähte ich ein Schild ! "Wie noch 18km ?" nach meiner Rechnung und meinem Tacho wärens noch 13km gewesen.


Egal, muss ja. Auf und ab, ab und auf. So langsam schwanden die Kräfte vollkommen. Die Anstiege meisterte ich nur noch apathisch die Abfahrten mehr oder weniger im freien Fall. Bei nem Steinbruch im Warchetal dann nochmal nen Getränkestand. Ok, kurz was trinken und weiter. Noch 11km sagte das Schild. Noch ein Anstieg. Ahne doch noch einer. Und noch einer. Das war jetzt aber der letzte. Ahne, doch noch einer dann ist aber bestimmt gut. Irgendwann war dann auch gut. Ich holperte wie in Trance die Stufen des Kreuzwegs hinunter nach Malmedy. Da war ich dann wieder so in Fahrt das ich glatt ne Abfahrt verpasste und mich mitten im Wohngebiet wiederfand. "Hm, paar extra Meter sind ja auch nich verkehrt nach soner luschen Runde Hubert !" Wieder auf dem richtigen Pfad trudelte ich dann ins Ziel. Da hatte ich dann mal so richtig die Zunge in der Kette ! Ein Blick auf den Geigerzähler offerierte dann die ganze Wahrheit. Es waren 70km und 2166hm. Ob ich mich verfahren hab ?



Geil wars auf jeden Fall, wenn auch ganz schön fies. Der RDHF ist so wie ein MTB-Marathon sein sollte. Steil rauf, steil runter, Anspruchsvoll und schmutzig ! Mal sehn, vielleicht bin ich im nächsten Jahr so bescheuert und meld mich wieder an.

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